19.30 – 20.00* / 20.30 – 21.00 / 21.30 – 22.00
Auszüge der Gesamtinszenierung „Der Tod und das Mädchen“
von Ariel Dorfman
Paulina glaubt, in Dr. Miranda ihren früheren Folterer und Vergewaltiger wiederzuerkennen.
Als er durch Zufall in ihre Gewalt gerät, will sie sich an ihm, der immer wieder seine Unschuld beteuert, rächen und ihn dazu bringen, seine Taten zu bereuen. Ihr Mann Gerardo, Anwalt und Mitglied der Kommission zur Aufklärung der Verbrechen während der chilenischen Militärdiktatur, stellt sich ihr entgegen. Er ist überzeugt, dass allein eine rechtsstaatliche Aufarbeitung der
Gräueltaten die zerrissene Gesellschaft versöhnen kann: „Vergeben ja, vergessen nein!“
Die zentrale Frage des Autors, der sein Theaterstück kurz nach Ende der Militärdiktatur 1990 verfasste, lautet: „Wie können diejenigen, die gefoltert wurden, und diejenigen, die gefoltert haben, in demselben Land miteinander leben?“
Das Stück wirft Fragen auf, die jede Zuschauerin, jeder Zuschauer für sich selbst beantworten muss: Hilft Paulinas Selbstjustiz das erlittene Trauma zu überwinden? Kann sie dem vergeben, der sie irreparabel verletzt hat? Führt Gerardos ethische Haltung eher zur Überwindung des individuellen Traumas und zur gesellschaftlichen Befriedung? Ist Dr. Miranda tatsächlich der frühere Peiniger? Wie hoch ist der Preis der Wahrheit?
Dorfmans Stück kommt aus einer anderen Zeit, einem anderen Kontinent und hat doch nichts von seiner Aktualität und Universalität eingebüßt – leider. Die Inszenierung verdichtet die theatralische Vorlage zu einem intensiven Kammerspiel, das den universellen Grundkonflikt umso deutlicher markiert.
Fotonachweis: ensemble déjà-vu: Michael Meinhard (Der Tod und das Mädchen)
Tour Nord-Süd
ensemble déjà-vu / Zentrifuge Bonn Haus der Luft- und Raumfahrt
Godesberger Allee 70
53175 Bonn
Info
2013 gründen u. a. der Schauspieler Steffen Fischer und der Dramaturg und Regisseur Achim Haag das „ensemble déjà-vu“.
Inzwischen sind Iris Sonntag und Andreas Görlich als Schauspieler*innen zum Ensemble gestoßen. Die Mitglieder blicken zurück auf langjährige Erfahrungen in der freien Theaterszene von Bonn und Hamburg.
Ein minimalistisches Bühnenbild, eine dichte Handlung und eine psychologische Auslotung der einzelnen Figuren bestimmen die Inszenierungen des Ensembles.